Augsburg, 14.06.2019: Majorel ehemals Arvato CRM Solutions ist eine 100prozentige Tochter von Bertelsmann. Mit circa 40.000 Mitarbeitern an über 100 Standorten werden allein in Deutschland innerhalb der IT stets 40-70 Projekte parallel durch das PMO betreut.
Diese waren bisher überwiegend klassisch organisiert. 2017 waren das PMO mit den klassischen Funktionen
- Koordination
- Administration
- Optimierung
- Kontrollfunktion
gemäß dem Reifegradmodell der GPM-IPMA sehr gut aufgestellt.
Aber zunehmend arbeiteten Projekte „agil“ ohne den Ansatz konsequent umgesetzt zu haben und ohne methodische oder organisatorische Unterstützung des PMOs. Problemprojekte wurden zum Teil auf „agil“ umgestellt, aber die Teams bzw. Mitarbeiter wurden nicht abgeholt, waren oft orientierungslos und nicht ausreichend auf die neuen Rollen vorbereitet. Insbesondere der laufende Wechsel von Projektmitarbeitern zwischen agilen und klassischen Projekten war problematisch.
Der Wunsch nach Unterstützung durch das PMO war sowohl beim Management als auch bei den Teams vorhanden.
Daraus leiteten sich neue zusätzliche Aufgaben für das PMO ab, da ja sowohl agile Projekte (neu) als auch klassische Projekte (siehe oben) unterstützt werden sollten.
- Existierende agile Teams einholen und bzgl. Kompetenz sogar überholen
- Wissensaufbau und Erfahrungen für agile Projekte sammeln
- Einheitliche Standards auch für agile Projekte schaffen
- Personalressourcen für agile Projekte im PMO aufbauen.
Kurzum, das PMO musst nun auch Change-Management betreiben und bei sich selbst ebenfalls diesen Change managen.
Dies geschah nun in ersten Schritten: Es wurde eine Masterarbeit vergeben, um die Anforderungen zu analysieren. Es wurde Personal (agile Kompetenz) aufgebaut, fallspezifisch beraten, Schulungen zu Scrum, etc. angeboten, agile Projekte gereviewed und beraten sowie der Erfahrungsaustausch mit anderen Konzerneinheiten gesucht.
Damit konnte Wissen aufgebaut, Handlungsbedarf identifiziert und erste Hilfestellungen gegeben werden. Aber offen war die Frage was ist „agil“ in der Arvato CRM. Hierzu wurde das „agile Manifest“ für die Arvato spezifisch ausgelegt, was ein sehr langwieriger und aufwändier Prozess war. Aber nur so konnten alle Keyplayer einbezogen werden und zu einem gemeinsamen Verständnis kommen. Das „agile Arvato-Manifest“ ist nun die übergreifende Leitplanke für agiles Vorgehen und gewährleistet eine perfomante Zusammenarbeit zwischen allen Einheiten.
Beispielhaft sei erwähnt, dass das agile Manifest funktionierend SW über die Dokumentation stellt, aber gerade in der Welt von Arvato mit einem späteren erheblichen Betriebsanteil ist Dokumentation für die Sicherstellung des Betriebs wesentlich und kann daher nicht ganz vernachlässigt werden oder ist oftmals auch zwingend nötig.
Hierbei hat sich als wichtig herausgestellt zu klären, was „agil“ ist. Agil ist nämlich mehr als nur eine Methode wie Scrum oder Kanban. Agil arbeiten bedeutet u.a.
- das richtige Mindset
- gemeinsame Werte
- gemeinsame Prinzipien
- vereinbarte Praktiken (bspw. Scrum)
Erst im letzten Schritt steht somit die Auswahl von Methoden wie Scrum oder andere, wie Herr Bode eindrucksvoll an einer Liste von über 40 Methoden erläuterte. Vorher ist eben von elementarer Bedeutung, dass agile Teams auch die Ihnen übertragene Selbstverantwortung übernehmen werden und wollen und als selbstorganisiertes Team agieren können.
Als Fazit konnte am Ende der kurzweiligen Veranstaltung festgestellt werden.
- Scrum nutzen ist nicht synonym zu agil arbeiten. Es ist nur ein Framework und nicht für alle Aufgaben in der IT geeignet
- Frisch geschulte Scrum-Master haben ggf. eine Rollenkompetenz, aber nicht zwingend eine Einführungs- oder Durchsetzungskompetenz
- Viele wollen agil sein, haben aber noch keine mentale agile Reife
- Manche geraten mit Ihrer erworbenen hohen Fachkompetenz plötzlich in Verlustängste, da die Anforderung an Ihre Rolle sich ändert (Rollenbasierte Laufbahn-Modell vs. T-shaped people).
- Agil ist kein Heilmittel für alles
- Für Agilität sind insbesonder auch Social Skills sehr wichtig
- Agilität muss von innen entstehen, sie kann nicht angewiesen werden
- Agilität erfordert eine andere Art des Lernens
- Eine Einführung von Agilität analog zu einer Einführung von PM nach IPMA gelingt nicht.
Zum Abschluss stellten Herr Bode und Frau Klähn aber auch sehr eindrucksvoll dar, das Agilität nicht bei der Projektarbeitendet, sondern vielmehr ein generelles Umdenken im Unternehmen bedeutet (Stichwort Mindset), da nur so der Mehrwert auch im Unternehmen spürbar werden kann.
Diesen Weg haben sie nun begonnen und wir freuen uns in 2-3 Jahren zu erfahren wie es hier weitergeht.
Beim anschließenden Imbiss und dem verdienten Glas Wein wurden noch vielfach weitere Fragen rund um das Thema diskutiert. Die über 30 Teilnehmer waren sehr angetan, die Diskussionen dauerten noch lange an.
Das pm-forum-augsburg bedankt sich bei allen Teilnehmern und den beiden Referenten für den kurzweiligen und interessanten Abend, sowie für das umfangreiche Engagement aller.
Die Referenten:
Referentin Tamara Klähn hat in ihrer Masterarbeit im Herbst 2017 diese Herausforderung konzeptionell untersucht, für das PMO von Arvato CRM Solutions konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet und anschießend die Umsetzung bis zum heutigen Tage begleitet bzw. vorangetrieben.
Referent Markus Bode ist Leiter des PMOs, hat dieses bisher klassisch aufgebaut und erfolgreich etabliert. Seit 2017 fördert er in dieser Rolle die Weiterentwicklung zum agilen-klassischen PMO (akPMO) und steht nun vor der Herausforderung die reine PM-Welt zu verlassen und agiles Arbeiten übergreifend zu etablieren.
Hier finden Sie die Folien zum Vortrag |
Vortrag |